Das k. k. Landwehrinfanterieregiment Linz Nr. 2 und seine Geschichte
„Für Gott, Kaiser und Oberösterreich“
Die Landwehr hat in Österreich schon eine lange Tradition. Das „kaiserliche Patent vom 9. Juni 1808“ war die rechtliche Grundlage zur Aufstellung von Landwehr-Verbänden, es wurde beschlossen das System der Volksbewaffnung einzuführen. Reserve und Landwehr sollten – bei gleichzeitiger Verminderung der aktiven Armee im Frieden – möglichst Kosten sparend die Streitkräfte der Monarchie im Kriegsfall zahlenmäßig wesentlich verstärken.
Bereits im Jahre 1868 kam es zur Erneuerung der Landwehr, wobei insbesondere dem Wunsch der Ungarn nach eigenen nationalen Streitkräften entsprochen wurde. Als Gegenstück zur königlich ungarischen (k. u.) Landwehr (Honved) entstand in der österreichischen Reichshälfte die kaiserlich königliche (k. k.) Landwehr, in der sich die zwangsweise national nicht einheitliche Struktur der österreichischen Reichshälfte widerspiegelte. Die k. k. Landwehr war als grundsätzlich territoriale Ergänzung – im Kriegsfall zur Unterstützung des stehenden Heeres und zur inneren Verteidigung, im Frieden auch zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Sicherheit – berufen.
Die Landwehr wurde bis 1914 fortschreitend ausgebaut. Das neue Wehrgesetz vom 11. April 1889 brachte den Landwehren der beiden Reichshälften eine tief greifende Reform. Es regelte die Ausbildung und Einberufung der Rekruten, welche zwei volle Jahre aktiven Dienst leisteten. Nunmehr konnte nach den gleichen Grundsätzen wie beim k. u. k. Heer ausgebildet werden, darüber hinaus wurden Bewaffnung und Organisation noch weiter an das Heer angeglichen. Dem k. k. Ministerium für Landesverteidigung in Wien, mit einem eigenen Minister an der Spitze, war die k. k. Landwehr unterstellt. Diese umfasste 1914 37 Landwehr-Infanterieregimenter, drei Landesschützen-Regimenter, sechs Landwehr-Ulanenregimenter sowie zwei Eskadronen berittene Tiroler-Landesschützen, ein Eskadron berittene Dalmatiner-Landesschützen und die k. k. Gendarmerie.

Im Zuge dieser Neuorganisation wurde im Mai 1889 durch Zusammenschluss der Landwehrbataillone Nr. 6 (Linz), Nr. 7 (Wels), und Nr. 8 (Salzburg) das k. k. Landwehrinfanterieregiment (LIR.) Linz Nr. 2 aufgestellt. Gemeinsam mit dem „Schwesterregiment“ LIR. 21 (St. Pölten) bildeten die beiden Regimenter die 87. Landwehrinfanteriebrigade Linz, welche zusammen mit anderen Verbänden dem XIV. Korps (auch Edelweißkorps) unterstellt waren. Für das oberösterreichisch-salzburgische Landwehrinfanterieregiment Nr. 2 wurde in Linz die Landwehrkaserne errichtet und es zählte bald zu jenen Einheiten, mit denen sich Linz und Oberösterreich unmittelbar identifizierten. Wann immer die Landwehr in Parade mit ihren hechtgrauen Uniformen und mit ihren Hüten, welche Hahnenfedern schmückten, aufmarschierte, gab es den gleichen Jubel wie für die Vierzehner (IR. 14 Hessen, Linzer Hausregiment) oder die Prager (IR. Nr. 28 Prag), welche ebenfalls zwischen 1893 und 1895 in Linz Quartier bezogen hatten.
Nach dem tragischen Attentat auf den Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo erfolgte am 28. Juli 1914 die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien, bereits am 31. Juli 1914 die gleichzeitige Generalmobilmachung in Russland und in Österreich-Ungarn. Auch für die Landwehr wurde Mobilmachung angeordnet und schon am 18. August rückte das Regiment unter großem Jubel der Bevölkerung auf den nördlichen Kriegsschauplatz gegen Russland ab (zum 3. Armeekorps General der Kavallerie Brudermann, 44. Landwehrinfanterie-Truppendivision). Die Feuertaufe erfolgte am 29. August östlich von Lemberg, wobei die Jeziernahöhe gegen Gliniany und ein Waldgebiet bei Zurawniki erstürmt werden konnte. Nach dem Einsatz im Rahmen der ersten Schlacht bei Lemberg (28. bis 30. August 1914) beteiligte sich das LIR. 2 an den Kämpfen bei Rawa-Ruska und Zrotowice. Schon im Oktober erfolgte die erste Auszeichnung eines Linzer-Zweiers mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille (Stabfeldwebel Josef Fröschl, 27.10.1914 posthum verliehen).
Die russische Kräftemassierung im Norden erforderte eine Umgruppierung. Auch die 44. Landwehrinfanterie-Truppendivision (LITD) wurde zur 1. Armee (Generaloberst Dankl) verschoben, wobei die LIR. 2 und 21 die 122. Infanteriebrigade bildeten. Hier tat sich das Regiment während der Schlachten bei Krakau und Czenstochau ganz besonders hervor. Am 18. November 1914, beim Angriff auf die Höhen bei Podzamcze, stieß das Regiment trotz tapfersten Widerstands von Einheiten des russischen XIV Korps vor und konnte nach tagelangen heftigen Kämpfen am 25 November das Herrenhaus von Pilica in Besitz nehmen. Allein in diesem Zeitraum hatte das Regiment schwere Verluste zu tragen: 9 Offiziere gefallen, 11 verwundet, 135 Mannschaften gefallen oder vermisst und 377 verwundet. Der Tag des Durchbruchs von Podzamcze wurde daher für das LIR. 2 zum Regimentsgedenktag ernannt.

Die russische Dampfwalze war zurückgedrängt worden, nun versuchte die russische Armee über die Karpaten vorzustoßen. Anfang Dezember 1914 erfolgte daher wieder die Verschiebung zur 3. Armee von General der Infanterie v. Boroevic in die Karpaten. Hier gelang den „Zweiern“ am 27. Dezember die Einnahme der Gaborhöhe südlich Lisko in den Karpaten. Das Regiment nahm an der Karpatenoffensive teil, was für das Regiment schwere Kämpfe von Jänner bis April im unerbittlichen russischen Winter bedeutete. Im Frühjahr 1915 kam das Regiment erneut im Rahmen der Maioffensive gegen Rußland zum Einsatz.
Der Regimentskommandant Oberst Franz Karl Unger und der Regimentshornist (Bild 49)
Im Verband der 44. Landwehrinfanterie-Truppendivision übernahm das LIR. 2 nach dem Kriegseintritt Italiens den Abschnitt Planina za Grebenom oberhalb des Lepenje-Tales im Gebiet des Krn. Das „Tor zum Oberen Isonzo“, eine baum- und strauchlosen Höhenstellung im Bereich der Gipfel des Vrisic, Lipnik und der Kote 1776, auch „Teufelsfelsen“ genannt, wurde von den Linzer Zweiern über achteinhalb Monate lang zähe und verbissen verteidigt. Zum Kampfgeschehen gesellte sich ein weiterer gefährlicher Gegner, die Lawinengefahr. Zu Weihnachten 1915, nach besonders heftigen Schneefällen, forderten mehrere Lawinenabgänge 38 Tote und 25 Verwundete im Bereich der 2. und 5. Feldkompagnie.

Von März bis Mai 1916 lag das Regiment im Raum Bozen in Südtirol auf Retablierung von wo es Anfang Juni auf die Hochfläche der Sieben Gemeinden verlegt wurde. Im Rahmen der Frühjahrsoffensive folgten schwere Kämpfe um den Monte Pau.
Durch die große Offensive der Russischen Armee unter General Brussilow am östlichen Kriegsschauplatz, sah sich das AOK gezwungen, die Front in Südtirol zu verkürzen und zwei Divisionen dorthin zu verlegen. Schwere Tage erwarteten die Oberösterreicher in Ostgalizien. Der Einsatz des Regimentes in den Schlachten bei Kolomea und bei Struby, Tlumacz, Palahycze und Uzin forderte schwere Verluste.

Am 19. August 1916 erfolgte die neuerliche Verlegung an die Südwestfront östlich von Görz nach Lokve am Ternovaner Wald. Im Zuge des feindlichen Durchbruchs bei Lokvica, am Höhepunkt der 9. Isonzoschlacht, konnte das Regiment einen Gegenangriff durchführen und 2.000 Gefangene einbringen.
Nach seinem Regierungsantritt verfügte Kaiser Karl I. per Handschreiben, dass die Regimenter der Landwehrinfanterie fortan als „Schützenregimenter“ zu bezeichnen sind. Die Landwehr war zu einem dem k. u. k. Heer gleichwertigen Teil der Gesamtstreitkräfte geworden.
In der 10. Isonzoschlacht verteidigten die Zweierschützen den Nordhang des Fajiti Hrib. Ein starker Angriff der Italiener am 23. Mai, welchem eine mächtige Artillerievorbereitung und ein ungeheures Feuer der feindlichen Minenwerfer vorausgegangen waren, wurde abgewiesen. Den ganzen heißen Sommer über blieben die „Linzer“ in den Verteidigungsstellungen des Karsts. Neben der sengenden Hitze gehörten Hunger, Durst, Gasangriffe und das Trommelfeuer der feindlichen Artillerie zum Alltag. In der folgenden 11. Isonzoschlacht war das SchR. 2 an den Abwehrkämpfen beteiligt, der Durchbruch nach Triest blieb den anstürmenden Italienern weiterhin versperrt.
Erst in der mit den Truppen des deutschen Alpenkorps gemeinsam geführten Offensive bei Flitsch-Tolmein und Karfreit ging es in der 12. Isonzoschlacht vorwärts. Am 27. Oktober 1917 wurden die italienischen Stellungen am Fajti Hrib gestürmt und das Regiment folgte bei strömendem Regen und schwierigen Wegverhältnissen dem fliehenden Feind in die italienische Tiefebene. Nach tagelangen Märschen kam es am 7. November zu ersten Gefechten bei Zaghi, wo der Fluß Livenza unter starkem Feindfeuer übersetzt und der Uferdamm erstürmt werden konnte. Nach weiteren Verfolgungskämpfen erreichte die Spitze des III. Bataillons am 9. November als erste Kraft der Armee die Piave und konnte beiderseits Salgareda den Damm einnehmen. Im Dezember 1917 folgten zähe Kämpfe in der Brückenkopfstellung von Zenson, am rechten Ufer des Piave. Am 26. Dezember mussten die Besatzungen der Dammstellung (bei Zenson) auf das östliche Piave-Ufer zurückgenommen werden, somit war auch die Offensive der österreichischen Truppen und die 12. Isonzoschlacht beendet.
Unter der Leitung von Generalmajor Schönauer folgte eine längere Ausbildungsperiode im Rahmen der 44. Schützendivision, die unter dem Motto „elastische Kampfweise“ der Infanterie stand. Diese Übungen dienten als Vorbereitung für die letzte österreichische Offensive im Juni 1918, bei welcher das Schützenregiment Nr. 2 seine letzten Kämpfe unter abermals schwierigsten Bedingungen bestehen musste. In dieser Schlacht fiel auch der Regimentskommandant Oberst Alfred Purtscher am 21. Juni 1918 bei seinem Gefechtsstand in vorderster Linie. Nach dem Scheitern der Piaveoffensive und schweren eigenen Verlusten erfolgten heftige Angriffe der Italiener. Das Regiment nahm dabei an den Verteidigungskämpfen am östlichen Piave-Ufer teil.
Im Sommer 1918 verschärfte sich neben der inneren Lage der Donaumonarchie auch die Situation der kämpfenden Truppen. Vor allem wirkte sich der schlechte Ernährungszustand der Soldaten, gravierende Nachschubprobleme und die fürchterliche Hitze aus. Es ging dem Ende entgegen.
Am 4. November 1918 um drei Uhr früh erreichte das Regiment im Raum Gemona-Osoppo die Nachricht von der Verkündung des Waffenstillstandes. Trotz der nun ausbrechenden chaotischen Zustände und unterschiedlicher Auslegung der Waffenstillstandsbedingungen konnte Regimentskommandant Oberst Franz Karl Unger von Zurawniki den größten Teil des Schützenregiments 2 der Gefangennahme entziehen. In Eilmärschen durch das Kanaltal erreichte die Einheit Pontebba und kam unter Aufrechterhaltung vollster Disziplin am 6. November 1918 nach Villach. Auf Wunsch des Bürgermeisters blieben die Linzer Zweier noch drei Tage und leisteten Sicherheitsaufgaben. Am 10. November erfolgte per Bahn die Verlegung nach Linz, wo am folgenden Tag das Regiment in der Linzer Landwehrkaserne von Oberst Unger entlassen wurden. Das k.k. Schützenregiment Linz Nr. 2 hatte damit zu bestehen aufgehört.
In den Zwanziger Jahren rief Oberst Unger v. Zurawniki die ehemaligen Kameraden zum Zusammenschluss im „Kameradschaftsbund der ehem. Zweierschützen“ auf, welcher sich bis 1938 um die Pflege der Kameradschaft und um die Unterstützung von hilfsbedürftigen Angehörigen bemühte. Im Jahr des Anschlusses lösten die NS-Machthaber den Bund auf, erst ab 1954 konnten sich die ehemaligen Zweierschützen wieder vereinen. Nach dem Tode der letzten Weltkriegsteilnehmer übernahm der ÖKB Linz-Stadt die Traditionspflege und nach dessen Auflösung in den 90er Jahren das neu gegründete Traditionsregiment „k.k. LIR 2 – Gesellschaft für lebendige Geschichtsdarstellung“ die Aufgabe, die Soldaten der alten Armee vor dem Vergessen zu bewahren.
Die militärische Traditionspflege des Schützenregiment 2 nach dem ersten Weltkrieg übernahm das 1920 aufgestellte Alpenjägerregiment Nr. 8 „Kaiserin Maria Theresia“ mit den Standorten Braunau und Wels.
Auch das Bundesheer der 2. Republik hat sich per Erlass vom 25. November 1967 zur österreichischen Militärtradition bekannt. Daher wurde dem PzGrenB13 in Ried im Innkreis die Überlieferungspflege des k.k. Schützenregiments Nr. 2 und die des AJR. Nr. 8 zugewiesen. Diese wird nicht nur durch die Abhaltung des jährlichen Regimentsgedenktages gelebt sondern spiegelt sich auch im „Zweierschützen-Museum“ wieder, einem Traditionsraum, welcher sich im Kommandogebäude der Zehnerkaserne befindet.
Andreas Danner
Johannes Heubel
Mag. Martin Prieschl
Quellen und weiterführende Literatur
„Die Zweierschützen im Weltkrieg“ Regimentschronik hrsg. vom Kameradschaftsbund ehem. Zweierschützen
„Merkblätter zur Kriegsgeschichte des k.k. Schützenregiments Nr. 2“ hrsg. vom SchR. Nr. 2 im Jahre 1918
„Geschichte der Landwehr in Österreich“ von Obst. Anton Wagner, Truppendienst 3/1970
„Oberösterreichische Wehrgeschichte seit 1848“ von Konsulent Hans Rödhammer, Kulturverein Schloss Ebelsberg
„Schematismus der k.k. Landwehr 1914“